Dies ist ein alter Zaubertrick aus der Kiste, so toll wie die zersägte Frau:
Wenn Menschen zwei gegensätzliche Ansichten von einer Person - oder einer politischen Partei - zu einem kontroversen Thema hören, glauben sie, dass nur diejenige vertreten wird, die ihren eigenen Überzeugungen entspricht. Sie fühlen sich in ihrer Meinung bestätigt – und blenden die gegensätzliche und gleichzeitig stattfindende Ansicht einfach aus. Dieser Prozess wird durch psychologische Konzepte wie kognitive Dissonanz und Bestätigungsfehler (confirmation bias) erklärt. Unser Verstand sucht nach Konsistenz und vermeidet dabei den unangenehmen Widerspruch.
In der Politik kann dieser Effekt ein mächtiges Werkzeug sein. Personen des öffentlichen Lebens setzen gegensätzliche Botschaften mitunter gezielt ein, um verschiedene Teile ihres Publikums anzusprechen und sich damit eine breitere Unterstützung zu sichern. Tumult um Gegensätze? Mitnichten! Was auf den ersten Blick verwirrend wirkt, kann eine gut durchdachte Strategie sein. Das Ehepaar Donald und Melania Trump liefern gerade das perfekte Beispiel hierfür. Zumindest dann, wenn man nicht daran glaubt, dass Melania so kurz vor der Wahl ihrem Gatten mit ihrem neuen Buch in den Rücken fallen möchte.
Was ist passiert? Donald Trump und Melania Trump sind sich in der heiklen Frage des Rechts auf Abtreibung uneinig. Donald Trump hat sich stets gegen Abtreibungsrechte ausgesprochen. Melania Trump hingegen spricht sich nun in ihrem neuen Buch offen für das Recht der Frau auf Abtreibung aus. Ein offensichtlicher Widerspruch zur Position ihres Mannes.
Manchmal setzen Personen gegensätzliche Botschaften gezielt ein.
Ein Ehestreit mitten im Wahlkampf? Wie können diese zwei Personen zu einem solch umstrittenen Thema mitten im Wahlkampf unterschiedliche Ansichten vertreten, fragt sich derzeit manch ein Beobachter. Die Antwort liegt in der Psychologie der Kommunikation. Wenn das Publikum diese widersprüchlichen Botschaften hört, neigt es dazu, sie auf eine Weise zu interpretieren, die mit den eigenen Überzeugungen übereinstimmt. Eine Abtreibungsbefürworterin könnte sich mit Melanias Meinung identifizieren, während eine Abtreibungsgegnerin ihre Haltung ignoriert und sich stattdessen auf Donalds Standpunkt konzentriert. Nur davon gibt es eben nicht so viele. Und so kommt Melania ins Spiel.
Wenn es also kein Ehezwist, sondern Kalkül ist, heißt das: Indem sie unterschiedliche Positionen vertreten, erweitern Donald und Melania Trump ihren politischen Einfluss auf verschiedene Wählergruppen. Diese Strategie minimiert das Risiko, sich einer bestimmten Gruppe zu entfremden, und nutzt die Art und Weise, wie Menschen gegensätzliche Informationen verarbeiten. Was wie ein Widerspruch wirkt, könnte eine rhetorische Taktik sein, um es verschiedenen Zielgruppen zu ermöglichen, das zu hören, was sie ohnehin glauben möchten.
Mein Tipp: Achten Sie darauf! Es ist ein alter Trick, der immer mal wieder angewendet wird.
Viel Spaß dabei.
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